»Über eine Grenze kommt man nicht, wenn man keinen Pass hat und kein Visum. Aus einem Land muss man raus, aber in das andere darf man nicht rein. Doch der liebe Gott hat gemacht, dass Menschen nur auf dem Land leben können. Jetzt bete ich jeden Abend heimlich, dass er macht, dass Menschen jahrelang im Wasser schwimmen können oder in die Luft fliegen.«
Irmgard Keun: Kind aller Länder
Die Berliner Theatergruppe andcompany&Co. inszeniert ein »Erwachsenenstück für Kinder« auf der Grundlage des Romans KIND ALLER LÄNDER (1938) der deutschen Exil-Autorin Irmgard Keun. Im Rahmen einer Stückentwicklung werden persönliche Geschichten der Mitspieler*innen und gegenwärtige Bezüge mit dem Roman von Keun vermischt – um mithilfe der Kinderperspektive eine unmittelbare, humorvolle und vor allem zeitlose Beschreibung des deutschen Exils zu erzählen, in der drängende Fragen nach Flucht und Exil und der Problematik der Menschenrechte kindgerecht verhandelt werden: Wer bürgt für diejenigen, für die niemand bürgen kann? Was bedeutet es, ein Kind aller und damit keines Landes zu sein? Die Geschichte der zehnjährigen Protagonistin Kully, die mit ihren Eltern quer durch Europa vor den Nazis flieht, wird ergänzt durch Geschichten von Menschen, die selbst als Kinder nach Deutschland emigriert sind, wie die Autorin und Performerin Luna Ali, die mit ihrer Familie aus Syrien nach Deutschland geflohen ist und Damon Taleghani, dessen Eltern aus dem Iran geflohen sind. Die beiden 10-jährigen Mitspielerinnen Zümra Köseoglu und Rokia Karschnia nehmen die Perspektive von Irmgard Keun’s Kully ein und halten den Erwachsenen den Spiegel vor. Die Texte werden kollaborativ fortgeschrieben; in verschiedene Sprachen übersetzt und von Sascha Sulimma und dem französischen Musiker Frédéric Bigot musikalisiert. Das Bühnenbild der multidisziplinären Künstlerin Hila Flashkes aus Tel Aviv ist inspiriert von der Pop-Up-Technik in Kinderbüchern: Ein riesiges Hai-Gebiss beherrscht die Bühne und wechselt dauernd die Gestalt: Zähne, die in einem Moment aussehen wie ein Zaun, in einem anderen wie die Tasten eines Klaviers, das Publikum muss selbst entscheiden, ob Freund oder Feind.
Mit: Luna Ali, Frédéric Bigot, Rokia Karschnia, Zümra Köseoglu, Nicola Nord, Sascha Sulimma, Damon Taleghani
Konzept & Regie: andcompany&Co. (Alexander Karschnia, Nicola Nord, Sascha Sulimma)
Text & Dramaturgie: Alexander Karschnia und Nicola Nord mit Luna Ali nach Motiven von Irmgard Keun
Bühne & Kostüme: Hila Flashkes
Musik: Sascha Sulimma mit Fréderic Bigot &Co.
Mitarbeit Bühne: Christian Dillner
Mitarbeit Kostüme: Linda Tiebel
Mitarbeit Regie: Alex Jarewski
Technische Leitung: Marc Zeuske Administration: Johanna Thomas, Katrin Wiesemann (transmissions)
Presse & Öffentlichkeitsarbeit: Alexandra Lauck
Company Management: Caroline Farke
„Land aller Kinder“ ist eine Produktion von andcompany&Co. in Koproduktion mit HAU Hebbel am Ufer, Kampnagel Internationale Kulturfabrik, Künstler*innenhaus Mousonturm, FFT Düsseldorf und NEXT Festival.
Die Produktion wird gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds und die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa, ermöglicht im Rahmen von „Exil heute – künstlerische Produktionsresidenzen“, einer gemeinsamen Initiative von Kampnagel und Körber-Stiftung.